„Oh wow, Jeff Lemire schreibt einen neuen Superhelden-Comic… wie innovativ!“ – Wer sich das bei Black Hammer denkt, der hat sich sicher noch nicht genug mit dem neuen Werk von Lemire beschäftigt. Mit Black Hammer bekommen wir ein ein Sammelsurium aus Genres aller Art und dennoch schafft es der Comic glaubhafte Charaktere und eine spannende Geschichte zu zeichnen. Er ist also generell für alle Comic-Liebhaber und kann sogar Leser begeistern, die nichts mit Superhelden anfangen können.
Black Hammer – Das Setting
Am „einfachsten“ lässt sich Black Hammer als Science-Fiction-Horror-Superhelden-Indie-Drama beschreiben. Aber was muss eine Geschichte bieten, um einer solchen Beschreibung würdig zu sein? Sie braucht ganz besondere Charaktere. Diese leben im Comic Black Hammer zusammen auf einem kleinen, abgeschiedenen Bauernhof. Alles erinnert beim Lesen ein wenig an die Farm in Smallville aus dem Superman-Universum. Bewirtschaftet wird der Hof vom in die Jahre gekommenen Abraham Slam. Dieser fühlt sich pudelwohl. Er genießt die Ruhe, bandelt mit der Ex-Frau des Sheriffs an und erfreut sich an der Natur. Es klingt alles perfekt, wäre da nicht seine verrückte „Familie“.
Helden-Sammelsurium
Abraham Slam lebt auf dem Hof zusammen mit Gail, genauer Golden Gail. Einer 40-Jährigen, die fliegen kann und im Körper eines kleinen Mädchens steckt. Hinzu kommen Barbalien, ein Formwandler und Krieger vom Mars, Madame Dragonfly, eine Hexe, die in ihrer Waldhütte gefangen ist und Colonel Weird, ein NASA-Forscher mit seinem Roboter namens Talky-Walky, die immer wieder zwischen einer Parallelwelt und dem Bauernhof hin und her switchen.
Familie Widerwillen
Wie die bunte Mischung aus Charakteren auf dem Hof gelandet sind, ist unklar. Sie versuchen nur nicht aufzufallen, bis sie herausgefunden haben, wie sie wieder in ihre eigene Welt oder Dimension zurückkommen. Bis auf Abraham wollen alle so schnell wie möglich wieder zurück. Zurück nach Spiral City. In die Stadt, die sie all die Jahre zuvor beschützt hatten. Dieser Konflikt macht den Protagonisten natürlich zu schaffen, denn Abraham fühlt sich wohl, während alle anderen unter der besonderen Situation leiden. Insbesondere das sich alle aufgrund ihres Aussehens auf der Farm verstecken müssen – nur eben Abraham nicht. Man fragt sich natürlich, weshalb die gealterten Helden nicht einfach von der Farm fliehen. Aber eben diese Frage bleibt offen und erzeugt Spannung beim Leser. Klar ist nur, dass niemand weiß, was sich hinter der Kleinstadt mit der Farm befindet. Alle Sonden, die Talky-Walky über die Grenze schickt, gehen auf sonderbare Weise verloren.
Origin-stories
Die Hintergrundgeschichten der einzelnen Protagonisten wird in Rückblenden erzählt. Da diese einen spannenden Teil des Comics ausmachen, möchte ich hier nicht zu viel verraten. Golden Gail hat beispielsweise ihre Superkräfte von einem alten „Magier“ erhalten. Immer wenn sie seinen Namen ruft, verwandelt sie sich in das kleine Mädchen, das fliegen kann. Weshalb sie auf dem Bauernhof ihre Kräfte nicht einsetzen kann, um sich wieder zurück zu verwandeln, bleibt spannend.
So hat jeder Charakter seinen eigene, interessante Geschichte und seine ganz privaten Probleme. Dennoch müssen sie wohl oder übel zusammenhalten und versuchen, wieder in ihre Welt und nach Spiral City zu kommen.
Black Hammer – Ein bunter Genre-Mix
Black Hammer lässt sich nicht wirklich in eine Schublade stecken. Je nachdem welcher Charakter gerade im Fokus der Geschichte steht, ändert sich der Look und das Genre des Comics. Wird die Geschichte von Lady Dragonfly erzählt, hat man das Gefühl einen frühen Grusel-Comic in der Hand zu halten. Der Hintergrund zu Colonel Weird hingegen ist eher an Science-Fiction-Serien angelehnt.
Was jedoch alle Teile des Comics gemeinsam haben, ist der Retro-Look. Vor allem in den Rückblenden der Hauptdarsteller wird dies deutlich. Alles wirkt wie ein amerikanischer Superhelden-Comic aus den 50ern. Das Raumschiff von Colonel Weird ist eine Rakete, wie sie auch Tim und Struppi benutzt haben, die außerirdischen Angreifer sind riesige Tentakelmonster oder die Helden müssen gegen verrückte Wissenschaftler in Riesenrobotern kämpfen.
All das führt dazu, dass man mit Black Hammer einen kunterbunten Einblick in die frühen Genres der Comic-Welt erhält.
Fazit
Black Hammer ist verrückt. Noch nie habe ich einen Comic gelesen, der nach jedem Band das Genre wechselt. Aber gerade das macht den Reiz an Black Hammer aus. Zum einen möchte man unbedingt mehr über die interessanten Charaktere erfahren und gleichzeitig fragt man sich, in welches Genre das nächste Kapitel wohl abdriftet. Hinzu kommt, dass die einzelnen Handlungsstränge in der Gegenwart auf der Farm zusammengehalten und zu einem spannenden Gesamtwerk verknüpft werden.
Nicht selten wurde ich angesichts der gealterten Helden an Watchmen erinnert. Wem dieser Comic gefallen hat, sollte unbedingt einen Blick in Black Hammer werfen.
Ach ja, Danke für diesen krassen Cliffhanger am Ende…. jetzt fieber ich wieder 2 Monate dem erscheinen von Band 2 entgegen.
Mehr zu Black Hammer
Erschienen am: 19.03.2018
Autor: Jeff Lemire
Zeichner: Dean Ormston
Seitenzahl: 184 inkl. Bonusmaterial
Band 1 von X
Link zu Band 1
Link zu Band 2 (Erscheint Juni 2018)
Nerd-Pub-Tipp: Im September 2018 erscheint das erste Spin-off zu Black Hammer: Sherlock Frankenstein… natürlich auch beim Splitter Verlag!