Worum geht’s?
Auf der Suche nach magischen Gegenständen hat sich eine Gruppe Zauberer in einer mysteriösen Bibliothek verirrt. Unter dem Einfluss ihres dunklen Meisters versucht das Gebäude alles, damit die Eindringlinge nicht entkommen. Glücklicherweise haben die Zauberer ein magisches Buch gefunden, das Grimoire. Dieses ist in der Lage den Verirrten Hinweise für ihre Flucht zu geben. Dies Geschieht natürlich nur über Bilder, denn ein Buch kann ja bekanntlich nicht sprechen. Somit stünden die Chancen der Bibliothek zu entkommen nicht schlecht, wäre da nicht der Verräter in der Gruppe, der von dem dunklen Meister verflucht wurde und nun gegen seine Kollegen arbeitet.
Umsetzung des Settings
Die spannende Hintergrundgeschichte von Obscurio wird geschickt durch verschiedene Rollen umgesetzt. Ein Spieler verkörpert das Grimoire. Dieser hat die Möglichkeit den anderen Spielern, die die Zauberer verkörpern, Hinweise mithilfe von Bildern zu geben. Dabei darf das Grimoire natürlich nicht sprechen. Ein weiterer Spieler der Gruppe verkörpert den Verräter, der unter dem Einfluss des bösen Hexenmeisters steht. Dieser wird zufällig und heimlich bestimmt. Er versucht während des Spiels alles daranzusetzen, dass die restlichen Zauberer der Bibliothek nicht entkommen.
Somit ist die Hintergrundgeschichte nicht nur Mittel zum Zweck, sondern wird während des gesamten Spielablaufs glaubhaft umgesetzt. Dadurch wird das Spielgeschehen sehr atmosphärisch und es kommt sogar ein Hauch von Rollenspiel zustande.
Unterstützt wird dies zusätzlich durch wundervoll und stimmig gestaltetes Spielmaterial. Die Bilder auf den Karten sind allesamt sehr geheimnisvoll und düster und laden zum Interpretieren ein. Das restliche Material möchten wir aber auch noch erwähnen. Denn selten haben wir so durchdachte Komponenten gesehen. Dinge die man von Spieler zu Spieler gibt sind magnetisch, dass nichts verrutschen kann. Der Kartenhalter sieht aus wie ein Buch – sehr stimmungsvoll, wenn man das Grimoire verkörpert. Und zu guter Letzt passt alles am Ende wieder perfekt in das Inlay der Spieleschachtel, sodass nichts verrutschen kann.
Spielablauf
Zuerst werden die 3 unterschiedlichen Rollen verteilt. Ein Spieler verkörpert das Grimoire, der nur noch mithilfe von Bildern mit den Zauberern kommunizieren darf. Anschließend werden zufällig und geheim Rollenkarten mir einem Verräter und Zauberern verteilt. Ziel der Zauberer ist es, den Ausgang der Bibliothek zu finden. Sollte ihnen das gelingen, haben sie und das Grimoire gewonnen. Schafft es der Verräter dies zu verhindern, gewinnt er alleine.
Hat man sich dann für einen Schwierigkeitsgrad entschieden kann das Spiel auch losgehen. Gespielt wird über mehrere Runden, die sich jeweils in 5 Abschnitte aufteilen.
- Zu Beginn müssen immer Fallenplättchen gezogen werden. Diese erschweren den Zauberern das Spiel zusätzlich, indem der Verräter mehr Möglichkeiten erhält, die Zauberer weniger Kommunikationsmöglichkeiten haben, etc. Insgesamt gibt es 13 verschiedene fallen, die das Ziehen der Plättchen immer spannend machen.
- In Schritt 2 darf das Grimoire heimlich eine Bildkarte ziehen. Diese gibt das Ziel der Zauberer vor. Anschließend zeiht er 2 weitere Karten, die es in das Buchtableau legt. Mit diesen Karten kann er den Zauberern Hinweise auf die Zielkarte geben, in dem der Spieler kleine Marker auf die Bilder legt.
- Nun ist der Verräter am Zug. Alle Zauberer müssen die Augen schließen. Dann darf der Verräter dem Grimoire aus zuvor gezogenen Karten zwei auswählen, die möglichst ähnlich wie die Zielkarte aussehen, um die Zauberer später zu verwirren.
- Nun muss die Zielkarte von Zauberern gefunden werden. Zur Zielkarte und den zwei Verräterkarten zieht das Grimoire heimlich drei weitere Karten vom Stapel. Diese 6 Karten werden dann an das Spielfeld angelegt und die Zauberer müssen sich für eine Tür entscheiden, die sie für die richtige halten. Natürlich dürfen sie sich dabei beratschlagen und die Hinweise des Grimoires interpretieren. Jeder Zauberer wählt dann für sich eine Karte. Damit dies nicht zulange dauert, läuft nebenher eine Sanduhr. Je öfter diese umgedreht werden muss, desto schwieriger wird die nächste Runde für die Zauberer.
Haben alle Zauberer eine Tür gewählt, zeigt das Grimoire, welche Tür die richtige war. Für jeden Zauberer, der an einer falschen Tür stand, muss ein Zusammenhaltsplättchen abgegeben werden. Je nach Schwierigkeitsgrad stehen den Zauberern unterschiedlich viele davon zur Verfügung.
Ist ein bestimmter Teil des Vorrats aufgebraucht, müssen die Zauberer einen möglichen Verräter anklagen. Alle Zauberer müssen dann zeitgleich auf eine Person zeigen, die sie verdächtigen. Die Person mit den meisten Stimmen muss dann seine Identität offenbaren. Wurde ein Zauberer fälschlicherweise angeklagt verliert die Gruppe wieder Zusammenhaltsplättchen. Sind noch Plättchen vorhanden kann erneut abgestimmt werden. Wurde der Verräter hingegen entlarvt, darf er in den kommenden Runden nur noch in Schritt 3 teilnehmen. - Im letzten Schritt werden alle verwendeten Karten vom Spielplan genommen und eine neue Runde kann beginnen.
Das Spiel endet entweder nach der 6. Runde, wenn die Zauberer die Zielkarte gefunden haben und noch Zusammenhaltsplättchen haben – dann haben die Zauberer und das Grimoire gewonnen, oder wenn die Zusammenhaltsplättchen aufgebraucht sind. Dann hat der Verräter alleine gewonnen.
Vermischung bekannter Spielprinzipien
Wie man anhand des Spielablaufs erkennen kann, finden sich einige bekannte Mechanismen in Obscurio. Den stummen Spieler, der das Buch verkörpert, kennt man bereits aus Mysterium. Hinweise durch Bilder geben, haben wir schon in Dixit gemacht und einen geheimen Verräter zu identifizieren kennt man aus Die Werwölfe vom Düsterwald. Somit macht Obscurio nicht viel Neues, aber ist es dadurch ein schlechtes Spiel? Nein!! Denn Obscurio gelingt es, all diese Mechanismen geschickt und spannend miteinander zu verknüpfen. Der Verräter bringt beispielsweise viel mehr Spannung in das von Mysterium bekannte Spielerlebnis. Durch die Dixit-ähnlichen Karten wird ein Werwölfe vom Düsterwald zu einem waschechten Brettspiel. Man könnte also sagen, dass die Mechanismen alleine genommen sehr gut funktionieren, aber erst gemeinsam ein rundes Spielerlebnis erzeugen, das man mit Obscurio eben bekommt. Nach einigen Runden mit Obscurio hat man bei den anderen genannten Spielen immer das Gefühl, dass ein wichtiger Part fehlt.
Obscurio bringt aber noch genug eigene Ideen mit. Durch die unterschiedlichen Auswirkungen der Fallenkarten, wie die Nebelkarte (Bilder werden von weißen Wolken überdeckt) oder der rote Schleier (eine rote Folie verdeckt die Bilder) fühlt sich jede Runde frisch und spannend an.
Einen kleinen Kritikpunkt haben wir aber dennoch. Ist man auf der Suche nach einem Brettspiel für zwei Spieler, bietet sich Obscurio nicht wirklich an. Es gibt zwar einen Spielmodus für zwei und drei Spieler, aber bei diesem fällt natürlich die Verräterrolle komplett weg. Somit fehlt dem Spiel ein wichtiger Bestandteil. Uns hat der Modus nicht sehr viel Spaß gemacht.
Fazit
Für mich ist Obscurio die perfekte Weiterentwicklung von Dixit und Mysterium. Klar, ich mochte Dixit zu Beginn sehr und vor allem der Artstyle hatte mir damals gefallen, aber dennoch war nach mehreren Runden irgendwann die Luft raus. Da kam Mysterium für uns gerade richtig. Tolle Grafik, spannendes Setting und die Idee mit dem stummen Spieler, den den Geist verkörpert war super. Aber eine Komponente hat mir dennoch gefehlt. Da man nur gemeinsam gewinnen oder verlieren konnte, gab es keine Auseinandersetzungen zwischen den Spielern. Und genau das macht Obscurio für uns so toll. Es hat ein spannendes Setting, asymmetrische Spielerrollen, einen grandiosen Artstyle, und den Verräter, der ständig gegen die Spieler agiert. Dadurch kommt während jeder Runde Spannung auf. Ständig verdächtigt man seine Mitspieler, nie fühlt man sich sicher.
Und wenn man es als Verräter bis zum Ende geschafft hat sich herauszureden und dadurch das Spiel für sich entscheiden konnte, möchte man sofort eine weitere Partie spielen.
Wir können also Obscurio allen Freunden von Dixit oder Mysterium wärmstens empfehlen. Aber auch diejenigen, die gerne Werwölfe vom Düsterwald spielen, und lieber etwas mehr Brettspiel vor sich hätten, sollten einen Blick riskieren. Da das Spiel mit bis zu 10 Spielern gespielt werden kann, ist es auf jeden Fall eine tolle Ergänzung für jede Spielesammlung. Gerade wenn man größere Spielegruppen hat, fallen die meisten Brettspiele leider raus.