Was weiß ich über Manga? Eigentlich doch recht wenig, aber Klischees bedienen kann ich gut: große Killeraugen, eher illustriert als klassische Comiczeichnungen, schwarz-weiß oder bunt à la Sailermoon. Gereizt hat mich ein Manga so gut wie nie, aber man sollte doch ab und zu mal was Neues ausprobieren, also ab in den Comicladen und stöbern. Letztendlich habe ich mich dann für „Sternensammler“ (Band 1) entschieden, ein deutscher Manga von Anna Backhausen und
Mangas und die neue Leseerfahrung
Mangas werden bekanntlich andersherum gelesen, also von links nach rechts geblättert. Aber wie ist denn dann die Leserichtung? Fang ich dann auf einer Seite von oben links nach unten rechts an oder von unten rechts nach oben links? Das habe ich dann doch recht schnell herausgefunden, man liest von oben rechts nach unten links, Seite für Seite. Daran muss man sich als Manga-Neuling doch erst einmal gewöhnen – geht aber fix.
Die Thematik
Eigentlich heißt „Manga“ auch Comic – nur eben auf Japanisch. Mittlerweile hat sich der Begriff für alle Comics etabliert, die den japanischen stilistisch folgen. Die erste Silbe lässt sich als „ziellos, unwillkürlich, zügellos“ oder auch „frei“ übersetzen, die zweite als „Bild“. Frei und zügellos würde vermutlich auch zu Thematik des vorliegenden Mangas passen. Es handelt sich um eine homoerotische Geschichte zwischen zwei jungen Männern und lässt sich somit dem Boys-Love-Manga zuordnen (japanisches Genre: Shōnen Ai). Das war mir beim Kauf so erst einmal nicht klar, hat auch der Klappentext nicht vermuten lassen. Tatsächlich ist die Zielgruppe des Comics eher das andere Geschlecht, also Frauen. Warum das so ist – keine Ahnung, bei mir hat’s geklappt.
Die Story
Fynn (eigentlich Fynn-Leonhard) ist ein typischer Faulenzer oder rebellierender Pubertierender: Schule schwänzen, rauchen, gammeln. Seine Freundin hat genug und macht Schluss. Sie ist der Meinung, dass er eventuell „mehr auf etwas anderes steht“. Fynn ist ein wenig irritiert. Nachdem auch noch seine Mutter und sein Bruder etwas Stress machen, verkriecht er sich auf einem Hügel, um seine Gedanken zu sortieren. Der Hügel ist sein Rückzugsort, hier kann er alleine sein, die Sterne beobachten und etwas sinnieren. An diesem Abend ist er aber nicht alleine – Niko, ein nerdiger Junge aus seiner Schule beobachtet durch sein Teleskop die Perseiden. Die beiden sind nicht auf einer Wellenlänge. Niko stört sich an Fynns Rauchqualm und Fynn stört die bloße Anwesenheit von Niko, da er doch gerne alleine sein möchte. Er versucht Niko zu vertreiben, doch er lässt sich nicht so einfach verscheuchen. Die beiden arrangieren sich für den Abend als Niko eine Bezahlung in Form eines Fernrohrs rüberwachsen lässt.
Am nächsten Morgen bemerkt Fynn, dass das Glas des Fernrohrs einen Sprung hat. Er ist belustigt und entsetzt gleichzeitig – eine Bezahlung, die defekt ist. Das ist ein Anlass den Hügel am Abend noch einmal aufzusuchen, um Niko zur Rede zu stellen. Sein Interesse ist geweckt.
Die Gestaltung & Illustrationen
Die Sternensammler-Heftausgaben sind ein echter Hingucker. Die Umschläge sind mattiert, die aquarellierten, bunten Titelmotive sowie Text hingegen sind lackiert. Zusätzlich zieren kleine Glitzer-Sternchen als Reliefdruck das Cover. So beschrieben klingt das ein wenig kitschig und sehr mädchenhaft (nicht so meins), wirkt aber sehr hochwertig, sympathisch und passt zur Story. Jede Ausgabe erhält für echte Fans und Sammler ein Poster zum Ausklappen, eine Postkarte und Sticker, alles ebenfalls koloriert. Für die jüngere Zielgruppe mit Sicherheit ein tolles Gimmick.
Die Illustrationen sind schon anders als ich von bisherigen Graphic Novels gewöhnt bin. Sie sind reduzierter und in diesem Falle schwarz-weiß. Ich liebe kolorierte Comics, aber auch schwarz/weiß ist – wie ich gemerkt habe – kein Drama. Im Gegenteil: Ich habe mich sehr auf die Zeichnungen konzentriert, auf die Ausdrücke, auf die Gestik, die Mimik und die Details. Nicht, dass ich das bei bunten Bildchen nicht auch mache, aber hier noch etwas mehr. Die Farbigkeit kann eine Szenerie nicht unterstützen, die Illustrationen stehen für sich alleine. Und das ist meiner Meinung nach auch das Reizvolle. Auch der Stil der Zeichnungen war nicht ganz so übertrieben (zum Beispiel mit den Kulleraugen) wie ich mir das vorgestellt habe – was aber natürlich auch an der Tatsache liegen kann, dass der Manga aus deutscher Feder stammt.
Wie war Sternensammler?
Obwohl ich mich gegen Manga förmlich gewehrt habe, finde ich „Sternensammler“ gut. Über die Story lässt sich streiten, sie ist natürlich speziell und an eine bestimmte Zielgruppe gerichtet. Auch wenn ich in diese Zielgruppe nicht recht passe, kaufe ich mir die anderen Teile. Für Liebhaber eigenen sich die liebevoll gestalteten Heft-Ausgaben, die man aber alle ziemlich flott durchgelesen hat (max. 15 Minuten). Für diejenigen, die eher an der Story interessiert sind, eignet sich auch wunderbar der Sammelband, der etwas günstiger daherkommt.
Ich bin wirklich neugierig, wie es weitergeht. Letztendlich bin ich froh, dass ich gerne mal was Neues ausprobiere – es hat sich gelohnt: Manga ist in Ordnung.
Was genau?
Titel: Sternensammler
Autor:
Illustration:
Umfang: 40 Seiten, Heft
Zur Verlagsseite mit Leseprobe: TOKYOPOP
Erschienen am: 17.03.2016
Preis: 8,00 €