Interessanterweise wird oft berichtet, dass bei manchen Menschen nach dem Tod die Haare (zum Beispiel Haupthaar und Bart) sowie Fingernägel weiterwachsen. Wie abgefahren ist das denn? Ein Wunder, Mythos oder wissenschaftlich erklärbar?
Was hat das Ganze mit Bruce Lee zu tun?
Bruce Lee, Schauspieler, Kampfkünstler und Ikone des Martial-Arts-Films, verstarb 1973 in Hongkong bei Gesprächen zu seinem Film Game of Death. Er wurde bewusstlos aufgefunden, anschließend ins Krankenhaus eingeliefert, in dem er kurze Zeit später verstarb. Theorien gibt es hier viele: Rauschgift, Unfall oder Mord aus Eifersucht oder gar von der chinesischen Mafia verübt?
Spekulationen darüber gibt es im Internet genug. Vielleicht sitzt er auch gemütlich bei einem Bierchen mit Elvis Presley in den Hamptons und lacht sich kaputt. Wer weiß das schon. Simpel erklärt wäre der Tod durch eine allergische Reaktion auf ein Schmerzmittel, das ihm seine Filmpartnerin Betty Ting Pei nach seinen Klagen über Kopfschmerzen gab. Laut Obduktion starb er an den Folgen einer Hinrschwellung. Schon einige Monate zuvor brach er während seiner Dreharbeiten zu Der Mann mit der Todeskralle am Set zusammen und wurde mit Atemnot und Schüttelkrämpfen ins Krankenhaus gebracht. Diagnose: ein Hirnödem gepaart mit einem epileptischen Anfall. Auch das könnte die Todesursache gewesen sein.
Die Entdeckung der gewachsenen Haare
Zu Ehren Lees wurde in Kowloon (Hongkong) eine Trauerzeremonie abgehalten, sein Leichnam wurde aber wenige Tage später auf Wunsch seiner Frau in seine Wahlheimat USA überführt. Bevor er endgültig in Seattle beigesetzt wurde, erfolgte eine Öffnung des Sarges. Der Anblick: ein sichtlich unrasiertes Gesicht. Diese Tatsache ließ noch mehr Raum für Spekulationen: Wurde Lee noch lebend in den Sarg gebettet und wuchs deswegen sein Bart weiter?
Wachsen denn die Haare nun nach dem Tod weiter?
Wissenschaftlich ist das Phänomen einfach zu erklären. Das größte Organ des Menschen – die Haut – hält den Menschen zu Lebzeiten zusammen. Nach dem Tod sind die Zellverbindungen etwas gelockert und Gewebswasser kann austreten, das einfach verdunstet. Die Haut trocknet aus.
Die Folge ist das Zusammenziehen der Haut, so sieht es aus, als würden die Haare oder auch die Fingernägel weiterwachsen.
Ein Mensch besteht zu ca. 80% aus Wasser, was bedeutet, dass ziemlich viel Wasser verdampfen kann. Somit ist eigentlich alles logisch und folgt nur den Gesetzen der Natur. Diesen Vorgang nennt man auch postmortales Artefakt, ein nach dem Tod auftretendes Scheinphänomen. Nach dem Tod sind alle biologischen Prozesse im Körper nicht mehr funktionsfähig und Haare sowie Fingernägel können nicht mehr wachsen.
Übrigens
Die Sargträger Lees waren viele weitere Martial-Arts-Schauspieler wie Jean-Claude Van Damme, Jackie Chan, Jet Li, Chuck Norris und Steven Seagal. Wer noch mehr zum Thema Mythen in der Rechtsmedizin wissen möchte, hier ein interessanter
BUCHTIPP
Tsokos, Michael: Sind Tote immer leichenblass – Die größten Irrtümer der Rechtsmedizin, Droemer Verlag, 2016, 192 Seiten, 14,99 €.