Wer in seiner Comiczeichner-Karriere schon über Strichmännchen hinausgekommen ist und begonnen hat, mit dem Gedanken zu spielen, sein Hobby vielleicht mal zum Beruf zu machen, der hat bestimmt schon von Jazza gehört. Auf Youtube und twitch nimmt Josiah „Jazza“ Brooks uns mit durch seinen Prozess des Character Design und stellt sich immer wieder den Herausforderungen seiner Community. Neben Photoshop-Pinseln und Videokursen hat Jazza auch zwei Bücher veröffentlicht. Im Oktober 2016 erschien „Creating characters“.
Die vier Stufen
Auf 140 Seiten beschäftigt sich „Creating Characters“ in allen Details mit dem Design-Prozess von Charakteren für Comics, Werbung und andere Projekte. Hinter diesem Prozess verbergen sich die vier „Stufen“, die 4 D’s: Discover – Design – Develop – Deliver.
Im Folgenden möchte ich kurz auf diese vier Stufen eingehen:
1. Discover – Entdecken
Natürlich könnte man sofort loskritzeln, irgendwie wird schon eine Figur entstehen. Aber die Vorbereitung kann noch vor der ersten Skizze den Grundstein legen. Egal ob man für sich oder für einen Kunden arbeitet, es gilt, einige Kernfragen zu beantworten:
- Was macht meinen Charakter aus? (Persönlichkeit, Umfeld, besondere äußerliche Merkmale, …)
- In welcher Umgebung befindet er sich? (Epoche, Gesellschaft, Stadt, Wirtschaft, …)
- In welchem Stil möchte ich meinen Charakter präsentieren? (Simpel, hyperrealistisch, Manga, …)
- Ist man sich darüber im Klaren, kann man quasi loslegen. Der letzte Schritt ist, Platz auf der Festplatte zu schaffen, bzw. genug Papier bereit zu legen.
2. Design
Vergleichbar mit einem klassischen „How-to“-Buch wird zuerst erklärt, wie Körper auf einfache Formen herunter gebrochen und bestimmte Charakterzüge (Alter, Statur) bereits in der Zeichnung zum Ausdruck gebracht werden können. Danach benötigt man unter Umständen einiges vom bereit gelegten Papier, denn es geht darum, all die Ideen darauf zum Ausdruck zu bringen. An Beispielen wird deutlich, wie viele verschiedene Entwürfe vor dem endgültigen Design stehen und warum diese so wichtig sind. Hat man nach dem Zeichnen seinen Favoriten gefunden, kann bereits mit dem Feinschliff begonnen werden.
3. Develop
In der dritten Stufe werden die letzten Details geklärt und die letzten Tests durchgeführt. Welches Farbschema passt am besten zu meinem Charakter? Welche Auswirkung hat die Umgebung auf ihn? Und welche Klischees und Urtypen soll er entsprechen?
4. Deliver
Gerade in Bezug auf die berufliche Perspektive kann dieser Abschnitt wichtig sein. Erklärt wird, wie das endgültige Design (einem Kunden) präsentiert werden kann. Von einer Reinzeichnung bis zum „Full body turnaround“ (Rundumansicht) kann jeder selbst den Umfang bestimmen.
Beendet wird das Buch mit Beispielprojekten. Der Prozess wird hier auf verschiedene Charaktere angewendet und fasst den Inhalt noch einmal zusammen. Interessant ist, zu sehen, in welche unterschiedlichen Richtungen sich ein Projekt entwickeln kann und welche Faktoren zur finalen Entscheidung geführt haben.
Fazit
Strichmännchen eignen sich eher weniger für komplexe Charaktere. Deswegen ist dieses Buch auch ziemlich sicher den Fortgeschrittenen vorbehalten. Jedoch ist das Konzept hinter diesem Prozess nicht nur für Comiczeichner interessant, weshalb ich eine Empfehlung an Designer jeglicher Art aussprechen möchte. Ich bin auch noch nicht weit hinter den Strichmännchen, und habe viel Neues gelernt.
Titel: Draw with Jazza – Creating Characters
Autor: Josiah Brooks
Verlag: Impact
Sprache: Englisch
Preis: 22,09 €