Raphael und Marie verbringen während ihres Urlaubes in Rom eine schöne gemeinsame Zeit – auch die Nacht ihres 20. Geburtstags. Wie es der Zufall will, ist dieser am gleichen Tag. Sie versprechen sich in der Nacht auch den 40. Geburtstag gemeinsam in Rom zu verbringen und halten dieses Versprechen als Beweis auf einer VHS-Kassette fest.
Fast 20 Jahre später
Raphael hat sich gemausert: Er lebt mit seiner Freundin Sophie in einer glücklichen Beziehung und beruflich geht es bergauf seit er in der Firma von Sophies Vater einen guten Posten angenommen hat. Kurz vor seinem 40. Geburtstag planen seine guten Freunde eine Überraschungsparty, um mit ihm gemeinsam in seinen Geburtstag reinzufeiern. Während die Party im vollen Gange ist und Raphael nach und nach seine Geschenke auspackt, wird im ein Paket überreicht, das einige Tage vorher ankam, nur mit dem Hinweis „Happy Birthday“. Es ist eine VHS-Kassette. Er denkt vorerst an einen Scherz, lediglich eine übertriebene Untermalung seines nun 40. Lebensjahrs, denn wer um Himmels Willen besitzt noch einen Videorecorder, der eine Videokassette abspielen kann?
Erinnerungen
Nachdem der der verpeilte Nachbar mit Nostalgie-Tick noch einen auftreiben kann, wird das Video eingelegt. Es erscheint tatsächlich… Marie. Peinlich berührt beendet er unter einem Vorwand sofort das Video und wartet nur auf den Moment endlich alleine zu sein. Als der Moment gekommen ist, legt er das Video erneut ein. Marie! Wie oft hat er an sie gedacht und wieder nicht. Marie! Das Lachen, das Gesicht, die Stimme und das Versprechen. Das hatte er nach einer so langen Zeit vergessen, aber Marie ist präsenter als je zuvor. Ein Lachen und alles ist wieder da.
Er lernte Marie bei einer Party seines Freundes kennen. Sie waren so jung, verliebt und Marie hatte einfach eine magische Anziehung. Beide waren einige Zeit zusammen und es dauert ein, fast zwei Jahre bis Marie ihn betrog und nochmals betrog. Sie trennten sich und Raphael hatte lange Zeit mit der Trennung zu kämpfen bis er sich auf eine neue Beziehung einlassen konnte. Aus unerfindlichen Gründen, die er sich selbst nicht erklären konnte, hatte sie auch Jahre später noch großen Einfluss auf Raphael.
Die Videokassette war nicht die einzige Botschaft, die ankam: es lag Maries Telefonnummer bei. Raphael zerreißt die Nummer sofort. Sie hat ihn betrogen und verarscht, nur angerufen, wenn sie jemanden brauchte. Er ist in einer glücklichen Beziehung mit seiner hübschen Sophie – es hat ihn gut getroffen.
Eine Nacht in Rom – erstes Buch
Was würdest du tun?
Der Autor Jim arbeitet immer wieder präsente und verzwickte Themen à la „Was wäre, wenn…“ in seine Comics ein, die einen selbst reflektieren lassen. Sie regen zum Nachdenken an. Was würdest du tun, wenn es einen Menschen in deinem Leben gäbe, den du am liebsten zum Teufel schicken würdest, aber nicht kannst? Ein Mensch, der dir eigentlich nicht guttut, aber du einfach nicht widerstehen kannst, weil dich etwas Unerklärliches an ihm anzieht? Würdet du nach Rom fahren, um deine erste große Liebe wiederzusehen und deine Beziehung, dein bisheriges Leben aufs Spiel setzen, um diese Person wiederzusehen?
Fragen über Fragen
Raphael muss nun selbst entscheiden, ob er das Risiko eingehen sollte. Sollte er nach Rom reisen, obwohl er am Tag seines Geburtstags zu Sophies Eltern eingeladen und alles bereits verplant ist? Kann sein bester Freund ihm einen guten Rat geben? Was wird passieren, wenn er sich entschließt Marie wiederzusehen? Hat sie sich verändert? Werden sich beide fremd sein? Werden beide eine Nacht verbringen und dann den Rest ihres Lebens? Oder wird sie ihn noch einmal enttäuschen? Was erwartet er überhaupt von einem Wiedersehen? Wenn er nicht fährt, wird er sich dann immer wieder fragen, ob er etwas verpasst hat? Ist er wirklich glücklich in seiner Beziehung oder vermisst er nur seine unbeschwerte Jugend? Flieht er vor einer verantwortungsvollen Beziehung?
Was bleibt
Da ich persönlich Jim (Téhy) als Autor und Zeichner sehr gerne mag, war für mich der Zweiteiler ein absolutes Muss: Starke Bildsprache, tolle Story, gute Erzählstruktur mit Rückblenden, sodass man mit Hintergrundwissen zu den abwechslungsreichen Charakteren dem Verlauf gut folgen kann und die situationsbedingten Reaktionen nachvollziehbar sind. Die Kolorierung transportiert hervorragend die Stimmung einzelner Szenen (zum Beispiel in einer romantischen Situation Sonnenauf- oder Sonnenuntergang und gleichzeitig vertraute Wärme und Romantik zwischen zwei Personen oder Nacht, Ernsthaftigkeit, Kälte) und unterstreichen zusätzlich zu den selbst bereits sehr „gefühlvollen“ Zeichnungen die Emotionen. Grundsätzlich schafft es Jim seine Charaktere durch Mimik und Gestik laut sprechen zu lassen. Sehnsucht, Schmerz, Unsicherheit, gar jugendliche Freude kommen so stark zum Ausdruck, dass es manchmal gar keine Worte mehr braucht.
Man liest den Comic nicht nur und legt ihn dann mit einem „Ja, der war gut“ zur Seite, sondern kommt ins Grübeln. Jim greift in seinen „erwachsenen Comics“ Themen rund um das Leben, die Liebe und Beziehungen auf, die lange beschäftigen können. Aus meiner Sicht übrigens auch eine Geschichte, die auch als Buch und als Film wunderbar funktionieren würde.
Jeweils am Ende der Ausgaben finden Interessierte als Bonusmaterial einen Auszug aus Jims Skizzenbuch mit einigen Erläuterungen und Erklärungen (auch der, dass seine Geschichten meist persönliche Hintergründe haben). Absolute Leseempfehlung – also ran an die Bücher!
Eine Nacht in Rom – zweites Buch
Was genau?
Titel: Eine Nacht in Rom (erstes + zweites Buch)
Autor: Jim
Zeichner: Jim
Umfang: jeweils 112 Seiten, Hardcover
Verlag: Splitter
Erschienen am: 01.04.2013 und 01.02.2014
Preis: jeweils 19,80 €