Was war nochmal in Band 1?
Die kleine Qinaya wird nach einem Erdbeben in Peru von Alain und Lysnette adoptiert, nachdem ihr Kinderwunsch auf natürlichem Weg bisher unerfüllt blieb. „Opa“ Gabriel, Alains Vater, ist anfangs nicht sehr begeistert und kann im ersten Moment nicht wirklich etwas mit der Vierjährigen anfangen. Er selbst ist mittlerweile Rentner, nachdem er 50 Jahre lang als Metzger in seinem eigenen Laden stand und Alain nicht wie geplant seine Metzgerei übernommen hat.
Mit dem Kind konfrontiert, muss er sich erst einmal in der Rolle als „Opa“ zurechtfinden – und das tut er auch. Er schließt Qinaya ins Herz und versucht die Zeit, die er mit seinen eigenen Kindern verpasst hat, nachzuholen. Das dicke Ende der Geschichte: Die Polizei steht vor der Tür und nimmt Qinaya völlig überraschend mit, da sie scheinbar gar keine Waise ist und ihre Verwandten in Peru sie sehnlichst erwarten. Hat sein Sohn Alain bei der Adoption wissentlich gepfuscht, um sich seinen eigenen Kinderwunsch zu erfüllen?
ACHTUNG: Hier wird ein bisschen gespoiltert. Aber das Wesentliche müsst ihr selbst nachlesen.
Opa Gabriel auf der Suche
Die Ereignisse in Band 2 setzen eineinhalb Jahre später ein. Gabriel begibt sich auf die Suche nach seiner „Enkelin“ und reist kurzerhand alleine nach Lima, ein für ihn unbekanntes Terrain. Ein Privatdetektiv hat Qinaya ausfindig gemacht und den Kontakt vermittelt, so wird Gabriel von ihrem „echten“ Opa in Empfang genommen, gemeinsam warten sie ungeduldig auf das kleine Mädchen. Als Qinaya endlich um die Ecke kommt, ist das Gefühl aber nicht dasselbe – sie scheint ihn nach der langen Zeit nicht mehr zu erkennen. Gabriel hat ihr ein Geschenk mitgebracht: das Fahrrad, mit dem sie in Frankreich jede Menge Spaß hatten – das hat sie wohl in Erinnerung behalten. Er baut ihr das Fahrrad zusammen und verbringt etwas Zeit mit ihr.
Als er sich schweren Herzens auf den Rückweg ins Hotel machen möchte, revanchiert sich Qinaya vorher mit einem von ihr gemalten Bild. Gabriel ist gerührt und traurig zugleich. Er versteht, dass sie wieder bei ihrer rechtmäßigen Familie ist und er ausgedient hat. Er nimmt Abschied von seiner „Wolke“ (Qinaya).
„La Garúa“ nennt sich übrigens der Nebel, der zwischen September und Mai den Blick in Lima trübt. Ein Zeichen?
Rückweg mit Hindernissen
Gabriel versucht seinen Rückflug einige Tage früher als geplant umzubuchen, allerdings ohne Erfolg. Das Schicksal weiß Rat: Ein weiterer Fluggast vernimmt sein Anliegen und bietet an, dass er seinen Flug, der in nur einem Tag stattfindet, kurzerhand mit ihm tauscht. Die beiden haben etwas gemeinsam: sie sind auf der Suche. Marc hofft in Lima seine Tochter zu finden, die beim Erdbeben ums Leben kam. Sie wurde unter den über 37.000 Toten noch nicht identifiziert. So möchte er seinen Flug verlegen, um den Moment abzuwarten, um sie mitzunehmen und in ihrem Heimatland Belgien zu beerdigen.
Da noch drei Tage Zeit bis zum Rückflug verbleiben, beschließen beide – oder eher Marc – Lima zu besichtigen und zum Machu Picchu zu pilgern. Wenig begeistert gibt sich Gabriel seinem Schicksal hin. Er freundet sich mit ihm an, sie verbringen gemeinsam Zeit und tauschen Geschichten über die Familie aus. Gabriel erfährt, dass Marcos Frau mit 38 Jahren einen Schlaganfall erlitt und starb. Er hingegen verschweigt zunächst die Existenz seines Sohnes und erzählt lediglich über seine Tochter und seine Frau.
Auswirkungen der Adoption
Im Laufe der Geschichte stellt sich heraus, dass die Familie unter den Umständen der Adoption gelitten hat. Alain wurde wegen Entführung zu drei Jahren verknackt und sitzt im Gefängnis. Seine Frau blieb verschont, da er die gesamte Schuld bezüglich der vorenthaltenen Informationen bei der Adoption auf sich nahm. Er hat schwer zu kämpfen: Seine Frau hat die Scheidung eingereicht und sein eigener Vater hat ihn seit der Inhaftierung nicht besucht. Auch bei seiner Mutter Rysette geht die Adoption samt Folgen nicht spurlos vorbei – sie ist depressiv und versucht sich mit Medikamenten zu helfen.
Die Besinnung
Nachdem Gabriel ein wenig Zeit mit Marco verbrachte und er in alten Zeit mit Qinaya schwelgt, gesteht er ihm, dass er doch einen Sohn hat. Er erzählt ihm von der gefakten Adoption, dem Gefängnis und Qinaya, die er sehr vermisst. Im Gedanken- und Gesprächsfluss erinnert er sich an die Zeit, in der seine eigenen Kinder noch jung waren und er den beiden in seiner Metzgerei liebevoll ein Sandwich zubereitete, besonders Alain mochte sie gerne.
Gabriel besinnt sich auf seine eigene Familie, die ihn zu brauchen scheint. Kurzerhand fliegt er nach Hause.
Wie war’s?
Ich kann verstehen, dass einige Rezensionen das kritisieren, was ich so toll finde – es gibt kein „richtiges“ Happy End mit Qinaya, die wir in Band 1 lieb gewonnen haben. Die Geschichte beginnt und lässt hoffen: das kleine Mädchen kehrt in die Geschichte zurück. Nun so ist das aber nicht. Band 2 dreht sich voll und ganz um den griesgrämigen Opa Gabriel, der den Verlust des Titels „Opa“ zu verkraften hat, den er gerade erst stolz angenommen hat. Die Reise nach Lima wird für Gabriel zu einer Reise zu sich selbst, zu Einsicht, Toleranz und Verzeihung. Und Marcs Schicksal tut sein Übriges.
Eigentlich gibt es aus meiner Sicht zwei Happy Ends: Qinaya ist bei ihrer eigenen Familie, die das Erdbeben überlebte. Das zweite Happy End erfahren wir als Leser, wenn Gabriel sich besinnt und zurück zu seiner Familie reist. Er versöhnt sich sogar mit seinem Sohn – und das auf eine schöne Art, um die Geschichte in Gänze abzuschließen.
Zusammengefasst hat mich der Verlauf der Geschichte überrascht – positiv und mit Gefühl. Zeichnerisch wie aus Band 1 gewohnt, detailreich und schön bunt koloriert – feel good vorprogrammiert.
Was genau?
Titel: Die Adoption Bd. 2: La Garúa
Autor: Zidrou
Zeichner: Arno Monin
Seiten: 72, Hardcover
Verlag: Splitter
Erschienen am: 23.04.2018
Preis: 16,80 €
Band 2 von 2
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